Über das Sehen

Was wissen wir über das Sehen? Wenn es gut geht, nehmen wir es als selbstverständlich hin. Manchmal denken wir für kurze Momente darüber nach, wie wunderbar es ist, und wie unser Leben ohne die bunten Bilder wohl sein würde. In welch komplexen Zusammenhängen das Sehen tatsächlich steht, vermag sich aber kaum jemand vorzustellen …


Was ist visuelle Wahrnehmung

Sehen und visuelle Wahrnehmung ist ein sehr komplexes Geschehen und für Kinder ein Entwicklungsprozess, wie Sprechen oder Laufen lernen.

Ganz allgemein betrachtet ist Sehen zunächst die Aufnahme von Lichtquellen auf der Netzhaut der Augen, welche zuvor durch die lichtbrechenden Medien der Augen gebündelt wurde.

 

Hierfür sind die Hornhaut und die Augenlinse zuständig.

 

Alle lichtverarbeitenden Komponenten der Augen unterliegen nach der Geburt noch lange Zeit struktureller Veränderung durch Wachstum und durch Seherfahrung.

Die Netzhäute der Augen leitet das aufgenommene Licht über die Sehnerven zum Sehzentrum des Gehirns im Hinterkopf.  Noch bevor die Nervenimpulse das Sehzentrum erreichen, werden schon wesentliche Differenzie-rungen der visuellen Information vorgenommen. 

 

So werden zum Beispiel Farben, Bewegungs- oder statisches Sehen, welches beim genauen Fixieren eine Rolle spielt, in den ersten neuronalen Strukturen, noch vor der eigentlichen  Sehrinde verarbeitet, um dann gezielt in den richtigen Gehirnareale des Sehens zu gelangen.

Hierbei spielen insbesondere die neuronalen Schaltstellen, welche die einzelnen Informationen der gesehenen Bilder, im Kontext zur Bewegung des Körpers oder zu Gehörtem in ein Gesamtkonzept zu bringen eine große Rolle.

 

Die Gehirnentwicklung für diese Informationsverarbeitung läuft im ersten Lebensjahr auf Hochtouren und dauert noch viele Jahre bis zur Einschulung.



Wie sehen Kinderaugen

Sehen und die Interpretation des Gesehenen ist an die Reifung der Sehrinde des Gehirns, an die Entwicklung der Netzhaut und die Ausreifung des Sehnervs gekoppelt, welche nachgeburtlich erst geschieht. Nachfolgend einige wesentliche Stationen des Sehlernprozesses:

 

Kurz nach der Geburt
Die Augenlinse verfügt über eine sehr hohe Brechkraft und die Stelle des schärfsten Sehens in der Netzhaut hat sich noch nicht fertig entwickelt. Das Neugeborene sieht auf grobe Strukturen, in schwarz/weiss, auf nahe Distanzen, welches für die Wahrnehmung des mütterlichen Gesichtes und somit für die erste Prägung von großer Bedeutung ist.

In den ersten Lebenswochen

Bis zum 4. Lebensmonat sind insbesonders Blicke im horizon- talen Aktionsradius der Augen zu beobachten.

Der Säugling kann seinen Blick fixieren, dem Gesicht der Mutter folgen, dann Objekten, er antwortet auf das Lächeln. Er nimmt Farben wahr und unterscheidet diese

In diesem Zeitraum entwickelt sich die Fovea Centralis, die Stelle des schärfsten Sehens.

In den ersten zwei bis vier Lebenswochen ist beim Säugling besonders bei Müdigkeit möglicherweise  das frühkindliche Babyschielen zu beobachten.

Ab der 4.-6. Woche sollten die Augen jederzeit einen Parallelstand ohne Schielwinkel aufweisen. Das Ausrichten der Fixierlinien der Augen nach innen, beim Blick in die Nähe ist ab ca. 3 Monaten gut zu beobachten und bleibt als Fähigkeit ein Leben lang uneingeschränkt erhalten.

Bis zum 6. Lebensmonat
hat sich die Augenlinse weiterentwickelt. Sie kann bereits ihre Form entsprechend der Blickentfernung für ferne oder nahe Sehdistanzen verändern. Details werden nach und nach wahrgenommen.

Diese Funktion nennt man Akkommodation.
Die Akkommodation der Augen- linse entwickelt sich innerhalb der ersten zehn Lebensjahre zu vollstem Umfang. Ab dem 10. Lebensjahr nimmt sie kontinuierlich infolge der Strukturveränderung der Linse wieder ab.
Die Akkommodation spielt bei kindlichen Fehlsichtigkeiten und kindlicher Brillenkorrektion eine große Rolle.

 

Das Gesichtsfeld ist kurz nach der Geburt zu den seitlichen Bereichen noch stark begrenzt. Die Entwicklung des peripheren (räumlichen) Sehens dauert bis zum 8./9. Lebensjahr.

 

Dreidimensionales Sehen beginnt ab dem 2.-3. Lebens- monat sich zu entwickeln. Ab einem Alter von einem halben Jahr kann dieses schon nachge-wiesen werden. Ab ca. 4 Jahren ist es so ausgeprägt wie bei einem Erwachsenen.

 

Die Sehschärfe wird je nach Literaturquelle bei jungen Kindern ganz unterschiedlich angegeben.   Bei Kleinkindern wird die Sehschärfe in nahen Distanzen bestimmt. Ab dem Alter von 4-5 Jahren erreicht sie Werte von Erwachsenen, und kann dann auch auf Ferndistanzen geprüft werden.


Farbensehen
ist bei Säuglingen an die Reifung der Netzhaut-zapfen und der entsprechenden Gehirnstrukturen geknüpft. Es entwickelt sich ab der 7. Lebenswoche und ist ab dem 4. Lebensmonat voll entwickelt.
Bei Untersuchungen wurde festgestellt, dass Säuglinge farbige Objekte gegenüber Grautönen bevorzugen. Ab dem 5. Lebensmonat werden rote Obekte gegenüber gelben oder grünen bevorzugt.


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